Parlamentarische Enquete zur Energie- u. Klimastrategie

Am 23.5.2018 fand im österreichischen Parlament eine parlamentarische Enquete zur Klima- und Energie­strategie statt. Hier finden Sie einen Auszug der Beiträge.

Zu dieser Enquete luden alle 5 parlamentarischen Klubs je 3 ExpertInnen zu den Themen Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter, Mobilität neu denken sowie Gebäude ein.

Zudem präsentierten Akteure aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und von NGOs u.a. Institutionen ihre spannenden Beiträge und Ideen, wie eine ambitionierte Klimapolitik aussehen könnte. Das Parlament war bis auf den letzten Platz gefüllt. Leider waren Bild- und Tonaufnahmen durch JournalistInnen oder TeilnehmerInnen und eine live Übertragung nicht gestattet. Nur das schriftliche Protokoll zeugt und dokumentiert die zukunftsweisenden Beiträge.

Das Parlament und die geladenen Gäste wurden auf dieser Enquete ausführlich über Beiträge zu ambitioniertem Klimaschutz und Energiewende informiert.
 
Bürger und Bürgerinnen hingegen hatten noch nicht die Gelegenheit, darüber informiert zu werden und vor allem eigene Ideen und Beiträge einer zukunftsfähigen Klimapolitik und Energiewende einzubringen und politisch gestalten zu können.
 
Wir wollen wesentliche Beiträge aus dieser Enquete vom 23.5.2018 der Bevölkerung nicht vorenthalten und haben diese unterhalb in Form von Zitaten aufbereitet. Diese Beiträge könnten Eingaben für eine Klimaschutz – Volksabstimmung sein.
 
Viel Spaß beim Lesen!

Zitate und Beiträge für Klimazukunft und Fossilen Ausstieg

„Der Klimawandel ist zweifellos eine der größten Herausforderungen, langfristig vielleicht  sogar die größte Herausforderung für die Menschheit im 21. Jahrhundert, und er  schreitet noch immer ungebremst voran. Die zehn global wärmsten Jahre seit Beginn  der in das 19. Jahrhundert zurückreichenden Wetteraufzeichnungen ereigneten sich  seit 1998. Die bislang heißesten Jahre waren 2014, 2015, 2016 und 2017.

In der Wissenschaft besteht kein Zweifel mehr, dass der Mensch der Hauptverursacher  des Klimawandels ist. Wenn die globalen Treibhausgasemissionen weiter steigen, erwarten  wir eine im Mittel um 4 Grad wärmere Welt allein bis zum Ende des Jahrhunderts.  4 Grad würden nicht nur die polaren Eisschilde zum Schmelzen bringen sondern  auch die Gletscher der Alpen.

Für Mitteleuropa erwarten wir außerdem eine deutliche  Zunahme von Extremereignissen wie etwa Hitzewellen und Überschwemmungen,  die auch mit massiven wirtschaftlichen Schäden einhergehen werden.“

Dr. Gunnar Luderer, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung


Für mich als Volkswirtin ist der Einsatz für eine stringente Klima- und Energiepolitik  eine Frage von guter Ökonomie. Der rasche Abschied von fossiler Energie ist nicht nur  das moralische Gebot der Stunde, sondern auch langfristig die kostenminimierende  Strategie. (…)

Um die (Anm.: Pariser) Klimaziele erreichen zu können, braucht es eine sozialökologische Transformation.  Diese beinhaltet eine sozialökologische Steuerreform, um Kostenwahrheit herzustellen.  Österreich hat bei den Umweltsteuern dringenden Aufholbedarf. Mit einem  Anteil von 5,6 Prozent am Gesamtsteueraufkommen liegt Österreich bei den Umweltsteuern  unter dem EU-Schnitt und auf einem der hinteren Plätze in Europa. (…)  Also: sozialökologische Steuerreform, Zurückfahren von umwelt- und klimaschädlichen  Subventionen, Verteilungsgerechtigkeit, Klimagerechtigkeit und der Staat als Investor.  So kann die sozialökologische Transformation gelingen. So sieht ein Umweltmusterland  aus, so sieht zukunftsfähiges Wirtschaften aus.

Univ.-Prof. Dr. Sigrid Stagl, Institut für Ökologische Wirtschaft, Wirtschaftsuniversität  Wien, als Expertin des SPÖ-Klubs 


Ich würde erstens einmal Klimawissenschaftern zuhören, wie wir das heute  gemacht haben, und würde die Konsequenzen aus diesen wirklich schon alarmierenden  Nachrichten, die uns fast täglich zukommen, ziehen. Ich glaube, es geht darum,  dass wir alle – unsere Generation – nicht auf der Anklagebank unserer Kinder und Enkelkinder  sitzen. Wir werden in 20, 30 Jahren nicht sagen können: Wir haben es nicht  gewusst. (…)

Ich hätte an Ihrer Stelle auch keine Angst vor der, wie ich sie nenne, Allianz der BVB,  der Blockierer, Verhinderer und Bedenkenträger, die meinen, das ginge alles nicht und  das sei alles viel zu teuer. (…)

Das geht, und zwar ohne dass irgendwelche Betriebe ins Ausland abwandern müssen und ohne dass irgendwelche Betriebe zusperren müssen.

Dkfm. Peter Püspök, Präsident Dachverband Erneuerbare Energie Österreich, Experte des ÖVP-Klubs 


Ich möchte noch drei Punkte aufzählen, die die Emissionen betreffen: erstens – ganz  klar –: sofortiger Ausstieg aus der Kohleverstromung; zweitens: Frackingverbot in Österreich;  drittens: ein Stopp der direkten und indirekten Förderung fossiler Energieträger  über Subventionen.

Dipl.-Ing. Johann Precht, Technische Universität Graz, als Experten des FPÖ-Klubs 


Insbesondere ist das entscheidende Thema einer dazugehörigen ökosozialen Steuerreform, wie  zum Beispiel einer CO2-Abgabe, nicht einmal angesprochen. (Anm: in der Klima- und Energiestrategie).

DDr. Christine Fohler-Norek (Klimakoordinatorin der Stadt Wien) 


Energiewende ist nicht nur eine Stromwende, dessen Erzeugung wir bereits zu drei  Vierteln auf nachhaltige, erneuerbare Produktion umgestellt haben. Es ist vor allen Dingen  eine Mobilitäts- und eine Wärmewende. Das Ziel, national bilanziell 100 Prozent  Erneuerbare im Jahre 2030 zu haben, ist extrem ambitioniert, das wissen wir. (…) Wir wollen das. Es ist ambitioniert, wir wollen das, wir können das schaffen, wenn – das ist die Voraussetzung – die Rahmenbedingungen gegeben sind. (…) Jetzt geht es vom ersten Punkt, von der ersten Strategie in die Umsetzung. Wir brauchen das Erneuerbare-Energien-Gesetz, Energiegesetz Neu, wo es um die Frage der Erneuerbaren geht, bis hin zur Energieeffizienz und zu Energieeffizienzmaßnahmen.

Dr. Leonhard Schitter, M.A. (Oesterreichs Energie) 


Das gibt uns vermutlich in Zukunft Möglichkeiten, Energieversorgung dezentral aufzustellen,  das ist eine riesige Chance. Es wurde bereits ausgeführt, dass es nicht nur  darum geht, dem Klimawandel entgegenzuwirken, sondern auch darum – und das ist  die Chance für uns, für den Standort Österreich –, die Wirtschaftskraft in die Region zu  bringen.

Im Land Tirol geben wir jährlich etwa 2 Milliarden Euro für fossile Energieträger  aus. Wenn wir das Geld, das wir uns sparen – abzüglich der Steuerleistung für  den Finanzminister –, in die Region investieren, dann haben wir eine riesige Wirtschaftskraft,  die wir dann auch gut nützen können.

Landesrat Ök.-Rat Josef Geisler (Landeshauptmannstellvertreter Tirol) 


Wir werden von einer Seite kritisiert,  dass es  (Anm: Entwurf der Klima und Energiestrategie) überambitioniert ist, von anderer Seite, dass es zu wenig ambitioniert  ist. Wir machen aber diese Strategie nicht für NGOs, wir machen diese Strategie für unsere Menschen, für unsere Umwelt, für die Natur; da sind wir verpflichtet.

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP) 


Es wird notwendig  sein, dass wir – und das ist auch in diesem Prozess vorgesehen – die Länder mitnehmen,  die Gemeinden mitnehmen, aber vor allem die Menschen auf diesem Weg  mitnehmen, damit sie sich nicht von diesem Weg entfernen. Damit ist es notwendig,  entsprechend zu motivieren, dieses Thema zu verbreiten und in die Herzen der Menschen  einzupflanzen.

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich) 


Als Bürgermeister einer kleinen Gemeinde  muss ich feststellen, dass die Abschwemmungen und Überflutungen immer  mehr werden und die Veränderung immer spürbarer wird. Ich möchte nun aber einen  ganz sensiblen Bereich ansprechen, die Landwirtschaft.  Die Landwirtschaft, die Landwirte stehen vor großen Herausforderungen. Sie sind die  Ersten, die den Klimawandel spüren. Sie produzieren wunderbare, gute, gesunde Lebensmittel  für uns und brauchen daher unbedingt einen besonderen Schutz.

Die Landwirte unterstützen den Klimaschutz insofern, dass sie auch in der Vergangenheit immer  darauf geschaut haben, den Boden als Speicher für CO2 besonders zu forcieren, und  das werden wir in Zukunft noch mehr machen. Humus ist ein ganz, ganz wesentlicher,  guter CO2-Speicher. Mit unterschiedlichen Früchten und Zwischenfrüchten werden wir  das schaffen und damit einen großen Beitrag leisten.

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP) 


Wir haben ein fossiles Joch,  das eine laufende Hypothek darstellt. Die laufende Hypothek ist eine mit einer steigenden  Verzinsung und je eher wir sie abstreifen, desto besser ist es.  Bis 2030 brauchen wir klare Ziele. Wir können bis 2030 einen Anteil von erneuerbaren  Energien von 60 Prozent erreichen. (…) Weltweit wird bereits seit Jahren mehr in erneuerbare als in fossile Energien investiert.

In einer nachhaltigen Wirtschaftspolitik muss Österreich genau diesen Weg verfolgen,  alles andere ist, wie erwähnt, alternativlos.  Was wir brauchen, ist nicht nur den Markt, sondern auch die Rahmenbedingungen, um  auf diesem Markt aktiv zu werden. Die EU-Kommission sagt selbst, dass dieser Markt  fossil geprägt ist. Wenn er fossil geprägt ist, dann brauchen wir die Rahmenbedingungen,  um dem entgegenzuwirken, das heißt, wir brauchen stabile und sichere Rahmenbedingungen,  stabile und sichere Fördersysteme, um den Ausgleich zu fossilen  Energieträgern zu schaffen.

Florian Maringer (Dachverband Erneuerbare Energie Österreich) 


Momentan haben wir  eine Konzentration von mehr als 410 ppm CO2 in der Atmosphäre, der höchste Wert,  seitdem es Menschen gibt, und der Wert steigt jährlich um 2 ppm. Wenn es noch einige  Jahre so weiter geht, sind die Pariser Ziele nicht mehr erreichbar.  (…) Wenn man die Entwicklung der österreichischen Emissionen  über die letzten 15 Jahre studiert, stellt man Folgendes fest: Immer dann, wenn der Ölpreis  unter 100 US-Dollar je Fass war, sind die Emissionen gestiegen, wenn er über  100 US-Dollar je Fass war, sind sie gesunken. Das heißt, der Hauptparameter für unsere  Emissionen ist eigentlich der Ölpreis, und daraus folgt: Nur mit einem Steuerumbau  können wir die Pariser Ziele erreichen.

Wir brauchen  einen Umbau im Steuersystem – weniger Abgaben für Arbeit, höhere Abgaben für fossile  Energien –, damit wir die Pariser Ziele erreichen können. Es heißt im Regierungsprogramm  und in der Politik: Wir setzen das Abkommen von Paris um, und: Wir  wollen keine Änderungen im Steuerbereich. – Das ist an sich unvereinbar. Ich glaube,  das sollten wir fairerweise erkennen.  Wir brauchen, wie es genannt wurde, die CO2-Bepreisung, den Abbau der Privilegien  der fossilen Energien oder einfach eben eine CO2-Steuer. Ohne diesen Umbau sind  alle Bemühungen allein nicht ausreichend.

Dr. Heinrich Kopetz: Initiator von ENERGYPEACE, langjähriger Präsident des Weltbiomasseverbandes


Es ist den meisten nicht bewusst, dass wir mit  7 Milliarden Kilowattstunden schon 11 Prozent der österreichischen Stromversorgung  sichern – in Ostösterreich natürlich noch viel mehr. (…) Wir haben im Moment mit der Erzeugung des Stroms, aber auch der  Technologielieferung insgesamt ungefähr eine Milliarde Euro Umsatz. Es ist wenig bekannt,  dass es da Weltmarktführer gibt. In jedem zweiten Windrad der Welt ist eine  Steuerung der Firma Bachmann aus Vorarlberg enthalten.

Wir brauchen dafür (Anm: 100-Prozent-Ziel betreffend Strom) dringend  brauchbare Rahmenbedingungen. Das Ökostromgesetz hat zwar ungefähr 120 Anlagen  zur Realisierung gebracht, 200 befinden sich aber noch in der Warteschlange.  Wir könnten viel mehr tun, wenn uns dieser Nationalrat das auch tun ließe.  Eine CO2-Bepreisung beim Strom sollte nicht nur europäisch, sondern auch in der  Strompreiszone der betroffenen Länder erfolgen, weil es sehr viel realistischer ist, dass  das dann auch kommt.

Mag. Stefan Moidl (IG Windkraft) 


Dazu gehören in Österreich auch 134 Holzkraftwerke, die Ökostrom und Wärme auf Basis  fester Biomasse, im Wesentlichen Hackgut, erzeugen.  (…) Eine Studie der Energieagentur aus dem Jahr 2017 kommt zu dem Ergebnis, dass  Holzkraftwerke in Österreich circa 6 400 Arbeitsplätze sichern, und das vor allem im  ländlichen Raum in – leider oftmals – strukturschwachen Regionen. (…)

(…) Wir haben mit massivem Borkenkäferbefall zu kämpfen. Holzkraftwerke sichern auch, dass der große Schadholzanfall rechtzeitig  aus dem Wald kommt. So kann die Waldhygiene betrieben, die Waldgesundheit wiederhergestellt  und damit auch der Borkenkäferbefall vermindert werden.  Das Energiegesetz 2020 ist wichtig. Wir brauchen das unbedingt.

Mag. Hans-Christian Kirchmeier, MTD, MBA (Österreichischer Biomasse-Verband) 


Das fossile Zeitalter werden wir nur dann beenden, wenn die Dinge endlich  das kosten, was sie an Kosten verursachen. Das heißt – und da bin ich nicht der Erste,  der das heute sagt –, es wird eine grundlegende ökosoziale Steuerreform brauchen.  Es wird den Abbau umweltschädlicher Subventionen brauchen. Ich weiß, dass die  Bundesregierung auch nach Einsparungsmöglichkeiten sucht. Hier entgehen dem österreichischen  Staat – und ich weiß, so einfach ist die Rechnung nicht – mehrere Milliarden  Euro pro Jahr.

Adam Pawloff, BA (Greenpeace) 


Ich glaube, wir benötigen einen angemessenen Beitrag Österreichs zur Erreichung der  Paris-Ziele von 1,5 Grad, was ja ohne Alternative ist. Das heißt, die Reduktion der österreichischen  CO2-Emissionen bis 2030 sollte eher in Richtung minus 50 Prozent  gehen, damit wir dieses Ziel einer dekarbonisierten Wirtschaft bis zum Jahr 2050 auch  tatsächlich erreichen können.

Die Reduktion des Primärenergieverbrauchs in Österreich  – denn die Energie, die wir nicht verbrauchen, brauchen wir auch nicht zu produzieren – sollte sich derzeit in Richtung der oberen Bandbreite der Ambitionen entwickeln  und sich vor allem eher in Richtung der 35 Prozent bis zum Jahr 2030 bewegen.  Zweitens brauchen wir konkrete Maßnahmen, die wir frühzeitig festlegen, dazu gehört  auch eine Ökologisierung des österreichischen Steuersystems, um eben diesen Pfad  zu unterstützen.

Dr. Gerhard Wotawa (Climate Change Centre Austria, das Netzwerk von 24 Universitäten und nicht universitären Forschungseinrichtungen  in Österreich) 


Dass gemäß der integrierten Klima- und Energiestrategie  im Wesentlichen auf Ausschreibemodelle verzichtet werden soll, weist aus  unserer Sicht in die richtige Richtung.  (…) Aber auch andere Chancen sollten ergriffen werden, wie beispielsweise Speicher- und  Pumpspeicherkraftwerke im Kleinwasserbereich zu nutzen. Kleinwasserkraft sollte als  Rückgrat, als Ladeinfrastruktur für die E-Mobilität genutzt werden. Um dies zu ermöglichen,  sind die Rahmenbedingungen im System und die Netznutzungsentgelte entsprechend  anzupassen.

Dr. Paul Ablinger (Verband Kleinwasserkraft Österreich) 


Die drastischen Änderungen, die wir brauchen, um einen  Systemwandel zu bewirken, um das 2-Grad-Ziel, das in Paris beschlossen wurde,  einzuhalten, sind keine technischen und keine wissenschaftlichen Lösungen; die gibt  es und das ist toll, und ich bedanke mich bei allen, die daran mitarbeiten. Was es jetzt  aber wirklich braucht, sind politische Lösungen. Dafür braucht es auch Mut von Ihrer  Seite und von allen, die Entscheidungen mittragen können.

Laura Grossmann (System Change not Climate Change) 


Was zum Beispiel fehlt, ist eine umfassende Ökosteuerreform; das muss in eine solche  Strategie hinein, und diese umfassende Ökosteuerreform muss natürlich eine andere  Form von Ausgleich schaffen.    Mit dieser Strategie, die jetzt vorliegt, verfehlen wir die Klimaziele von Paris bei Weitem. (…) Was zum Beispiel fehlt, ist eine umfassende Ökosteuerreform; das muss in eine solche  Strategie hinein, und diese umfassende Ökosteuerreform muss natürlich eine andere  Form von Ausgleich schaffen.

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien) 


Energieeffizienz ist sozusagen  die Lösung für viele Probleme und Antwort auf viele Fragen, die wir heute schon gehört  haben. Energieeffizienz kann in allen Sektoren und bei allen Energieträgern angewendet   werden und kann sehr vieles lösen. Energieeffizienz sollte ein Schwerpunkt sein,  der in allen Kapiteln begleitend enthalten sein muss. Energieeffizienz stärkt auch die  heimische Wirtschaft. Beim Stichwort Wirtschaft muss ich dazusagen, das ist auch das,  was wir in der Klima- und Energiestrategie vermissen: die KMU.

Ing. Robert Pichler (Deca, Dienstleister Energieeffizienz und  Contracting Austria, wir sind die Stimme für die Energieeffizienz in Österreich) 


Niederösterreich möchte da ein starker Partner sein und ist auch bisher ein starker  Partner gewesen. Wir erzeugen seit 2015 bereits 100 Prozent Strom aus Wasser, Sonne  und Biomasse. Wir haben mit rund 700 Anlagen und 1 500 Megawatt installierter  Leistung die höchste installierte Leistung von Windkraftanlagen in Österreich.  Ich darf zwei Anregungen für die Strategie mitgeben: Der Entwurf deckt natürlich nur  eine Teilmenge der zu reduzierenden Treibhausgase, und da ist die große Aufforderung,  dass wirklich alle Sektoren einbezogen werden müssen; jeder kann etwas beitragen,  jeder sollte etwas beitragen.

Dipl.-Ing. Peter Obricht, MBA (Land Niederösterreich) 


Wir brauchen deshalb  eine Strategie, die die Bevölkerung wirklich vor Klimagefahren schützt. Wir reden hier  nicht über Kleinigkeiten, wir reden über Schäden im Ausmaß von bis zu 8,8 Milliarden  Euro pro Jahr – Vermurungen, Hochwasserschäden, Ernteausfälle in der Landwirtschaft,  bis hin zu Einbrüchen im Wintertourismus –, und wir reden auch über Menschenleben. (…)

Ich möchte aber auch noch ein paar Worte über ein sehr, sehr entscheidendes Instrument  beziehungsweise eines, das wir für sehr, sehr wichtig halten, verlieren, das in  der Strategie kaum oder nur sehr, sehr vage vorkommt, und das ist eine ökologische  Steuerreform. Ich sage das auch deshalb, weil wir das wirklich durchrechnen lassen  haben und gesehen haben, dass wir, wenn wir fossile Energie stärker besteuern, auf  der anderen Seite andere Steuern senken, dadurch Arbeit günstiger machen, mehr als  17 000 Arbeitsplätze schaffen können. Wir halten es für einen wirklich schweren Fehler,  wenn ein solches Instrument in einer Strategie nicht prominent vorkommt.

Mag. Johannes Wahlmüller (Global 2000) 


Als ein in Naturschutzfragen  Tätiger möchte ich hier anregen, dass man im Zusammenhang mit der  Klimaschutzstrategie auch ein Bundesgesetz für Naturschutz schafft, dass die Ökosysteme  in einer Weise erhalten bleiben, dass die Biodiversität erhalten bleibt, damit die  interaktiven Prozesse zwischen den einzelnen Organismen entsprechend ablaufen  können und auch ein Evolutionspotenzial erhalten bleibt, denn ohne dieses geht es  nicht. Wir können uns hier nicht nur auf das Klima beschränken, wir müssen auch immer  die Natur in Betracht ziehen.

Univ.-Prof. Dr. Roman Türk (Naturschutzbund Österreich) 


Mehr Geld für Klimaschutz, mehr Geld für Umweltschutz und weniger  Geld für alles, was dem Umwelt- und Klimaschutz zuwiderläuft! Wir brauchen  dringend eine aufkommensneutrale ökologische und soziale Steuerreform und  die Streichung der umweltschädlichen Subventionen. Die Kostenwahrheit ist ein entscheidender  Hebel, der derzeit in der Klima- und Energiestrategie so noch fehlt. (…) Naturverträglichkeit heißt nicht: Nein zu Windkraftinfrastruktur und Wasserkraft!, das  heißt nur, zu begreifen, dass der Ausbau nicht die einzige Lösung ist. Die effektivere  Lösung ist die Reduktion des Verbrauchs, das bedeutet betreffend Verkehr aber auch,  dass nicht nur die Elektrifizierung die Lösung ist, sondern auch die Änderung des Mobilitätsverhaltens.

Mag. Hanna Simons (WWF) 


Unsere 91 Klima- und Energie-Modellregionen und 20 Klimawandel-Anpassungsmodellregionen  sind bereits auf dem Dekarbonisierungspfad. Da wäre unsere Anregung, diesen  Ansatz noch zu verstärken, da können die Gemeinden und Regionen wirklich starke  Partner sein. (…) Die letzte Anregung wäre ein neuer Leuchtturm, nämlich Bildung und Bewusstsein. Bewusstseinsbildung  brauchen wir, um einerseits die Maßnahmen an die Bevölkerung zu  bringen, klarzumachen, worum es geht, und andererseits zum eigenen Handeln aufzufordern.

Dipl.-Ing. Ingmar Höbarth (Klima- und Energiefonds)


Stockholm hat eine tageszeitabhängige Citymaut eingeführt, die den Pkw-Verkehr effektiv um ein Fünftel gesenkt hat, ihn vor allem aber in den Stauzeiten gesenkt und damit Staus aufgelöst hat. An diesem Beispiel kann man nachvollziehen, wie es gelungen ist, so eine Maßnahme einzuführen, die von der Mehrheit der Bevölkerung getragen wird. Erste und notwendige Voraussetzung ist klarerweise das Vorhandensein des öffentlichen Verkehrs in einer ausreichenden Weise.

Zwei weitere Dinge waren wichtig. Einerseits die Vertrautheit mit dem System: Man hat die tageszeitabhängige Citymaut zuerst als Versuch eingeführt und erst dann die Abstimmung darüber gemacht, also nachdem die Menschen bereits Erfahrungen damit gehabt und gesehen haben, dass die Vorteile viel größer sind als sie es ursprünglich gedacht hatten. Andererseits hat man kommuniziert, was das Ziel ist, nämlich Stauauflösung und Luftqualitätsverbesserung. Mit diesen beiden Zielen hat man viel Öffentlichkeitsarbeit gemacht. Das Referendum ist dann auch positiv ausgegangen. Interessanterweise war das die erste Maßnahme einer neuen Regierung, und zwar einer Mitte-rechts-Regierung.

Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Karl Steininger (Institut für Volkswirtschaftslehre, Karl-Franzens-Universität Graz) als Experte des FPÖ Klubs 


1 000 Millionen Tonnen beträgt unser CO2-Budget, 80 Millionen Tonnen (Anm: Treibhausgasemissionen Österreichs in Millionen Tonnen CO2 Äquivalent pro Jahr) geben wir derzeit aus. Sie können sich ausrechnen, dass das nicht bis 2050 reicht. Das heißt, wir müssen schneller werden, viel schneller, und je länger wir weitermachen wie bisher, umso radikaler werden die notwendigen Sparmaßnahmen. Ein Klima-Griechenland könnte uns drohen, wenn wir weiter so viel wie derzeit ausgeben.

Fahrradfahren zu fördern ist eines der zentralen Themen, das auch in der Mobilitätsstrategie vorkommt, gerade Elektromobilität bietet sehr viel Potenzial, das es zu heben gilt. Machen wir doch aus der Asfinag eine Arsfinag, eine Autobahnen- und Radschnellstraßen-Finanzierungs-AG. Nehmen wir die 170 Millionen Euro, die jetzt an Dividende ausgeschüttet werden, dotieren wir damit das erste Budget, laden wir Länder und Gemeinden ein, es zu verdoppeln, dann haben wir bis 2030 4,4 Milliarden Euro zur Verfügung. Damit lässt sich in diesem Bereich in diesem Land wirklich etwas bewegen.

Dipl.-Ing. Manfred Mühlberger, Geschäftsführer der ETA, als Experten des NEOS-Klubs 


Für die langfristige Dekarbonisierung bis 2050 braucht es allerdings nicht erst 2030, sondern schon jetzt – also innerhalb dieser Legislaturperiode, vor 2022 – wirksame Maßnahmen. Bisher hat der Verkehrsbereich alle Bemühungen der anderen Sektoren einfach zunichte gemacht, und in den letzten Jahren, wie wir gehört haben, hat es sogar wieder eine starke Zunahme von Lkw- und Pkw-Emissionen gegeben, und die Treibhausgasemissionen sind deswegen im Verkehrsbereich gestiegen. Dazu kommt noch, dass der Verkehr immer noch zu 90 Prozent von Erdöl abhängig ist. Das heißt, es braucht einen regelrechten Trendbruch, eine Mobilitätswende, die auch eine Antriebswende beinhaltet, aber weit mehr als nur eine Antriebswende ist. Das soll sein und das wird sein, denn die moderne individuelle Mobilität ist multimodal, flexibel und – wo immer möglich – auch bewegungsaktiv.

Diese moderne individuelle Mobilität gilt es zu ermöglichen, indem Schnittstellen zwischen Pkw und Bahn, zwischen Rad und Bahn ausgebaut werden. (…) In der Stadt braucht es mehr Platz für die Menschen und weniger Platz für den Pkw-Verkehr. (…) Zum Beispiel gibt es im Radverkehrsbereich das sehr lobenswerte Ziel einer Verdoppelung des Radanteiles bis 2025. (…)

Ein zeitgemäßes Radverkehrsbudget hat aber ein Volumen von etwa 3 Milliarden Euro bis 2030, und das Potenzial ist ja da. Es sind immerhin 40 Prozent der Autofahrten der Österreicher und Österreicherinnen kürzer als 5 Kilometer. Auch das Potenzial der Transport- oder Lastenfahrräder ist groß und gehört gefördert. (…)  Es wird nicht ohne entsprechende Rahmenbedingungen gehen und dazu zählen auch finanzpolitische Instrumente wie die Besteuerung von dem, was wir nicht wollen, nämlich CO2. Es braucht also auch außerhalb des Emissionshandels eine Bepreisung von CO2.

Ulla Rasmussen, MSc vom VCÖ – Mobilität mit Zukunft als Expertin des Klubs Liste Pilz


Energiewende bedeutet schlicht und einfach nichts anderes, als den Energieverbrauch auf ein Niveau zu senken, den wir erneuerbar decken können. Mit Bioenergie können wir bis 2030 etwa 360 bis 400 Petajoule, anders ausgedrückt etwa 100 Terawattstunden, Primärenergie bereitstellen.

Ein zentraler Aspekt für uns ist die Sektorkopplung, also die Verschmelzung von Wärme, Strom und Treibstoff im Mobilitätssektor. Hier können wir vonseiten der Bioenergie in allen Sektoren einen wesentlichen Beitrag leisten. (Ein Holzscheit in die Höhe haltend.) Ich habe Ihnen hier ein Kilo Sonnenenergie oder 5 Kilowattstunden mitgebracht. Das ist konkurrenzlos günstig, jetzt schon einer der billigsten Heizträger, den wir haben. Er ist zum Angreifen, und österreichische Technologie ermöglicht uns jetzt, hieraus auch etwas anderes als Wärme zu machen. Hier drinnen steckt, eine KWK-Anlage vorausgesetzt, genug Energie für 10 Kilometer mit dem Elektroauto. (…) Für einen Kubikmeter Holz fallen 6 Kubikmeter Nebenprodukte für alle möglichen Verwendungen an. Das heißt, wir haben genug Potenzial. Es geht Hand in Hand mit der Bioökonomie, es geht Hand in Hand mit der stofflichen Produktion von Gütern. (…)

Die Energiewende ist keine Leistung des Marktes, sondern sie ist eine Ingenieursleistung, und nach dieser muss der Markt gestaltet werden. Sie muss leistbar sein und vor allem ein Höchstmaß an Versorgungssicherheit gewährleisten.

Dipl.-Ing. Christoph Pfemeter (Österreichischer Biomasse-Verband)


Mit biogenen Energieträgern und Konversionstechnologien in Form von fester Biomasse und Biogas haben wir bereits heute die besten Energiespeicher und somit auch die beste Möglichkeit, auch in Zukunft Versorgungssicherheit in allen Sektoren der Energie – sprich: Strom, Wärme und Kraftstoff – bereitzustellen.  Wir haben, weltweit gesehen, mit diesen Technologien bereits heute Alleinstellungsmerkmale, um die uns andere beneiden, sprich: wir haben Techniken, die weltweit gefragt sind. (…)

Damit dies auch in Zukunft so bleibt und so bleiben kann, damit die österreichische Technik, die Wirtschaft florieren kann, bedarf es aber auch weiterer Forschung. Ansonsten laufen wir Gefahr, dass uns andere Staaten schneller, als wir denken, im Zuge des Pariser Abkommens überholen werden.

Franz Kirchmeyr (Kompost & Biogas Verband Österreich)


Nimmt man den Prozess der Dekarbonisierung im Mobilitätsbereich ernst, bedeutet das einen umfassenden Wandel der Mobilitätssysteme und unseres Mobilitätsverhaltens. Ziel kann es daher nicht nur sein, ein effizientes Mobilitätssystem zu erreichen, sondern Ziel muss der Zugang zu klimaverträglicher und leistbarer Mobilität sein.

Dazu bedarf es einer aktiven öffentlichen Hand, die vor notwendigen Investitionen nicht zurückschreckt und alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel und Instrumente nutzt. Das betrifft insbesondere auch ordnungspolitische und steuerungspolitische Elemente, die in der vorgelegten Klima- und Energiestrategie leider oftmals zu kurz kommen.

Michael Soder, MSc, PhD (Institut für Ökologische Wirtschaft, Wirtschaftsuniversität Wien)


Die Politik auf Landes-, Bundes- und Gemeindeebene erwartet von der Bevölkerung, von Jung und Alt, dass sie mit dem Rad auf Straßen unterwegs ist, die von Fahrzeugen benutzt werden, die bis zu 1 000 Mal so schwer sind wie sie oder mit der zehnfachen Geschwindigkeit unterwegs sind. Das ist nicht sicher und das ist nicht attraktiv für die österreichische Bevölkerung. Das sagt sie Ihnen jeden Tag: 93 Prozent der Wege in Österreich werden nicht mit dem Fahrrad zurückgelegt, obwohl ein sehr großer Teil genau dafür geeignet wäre. Wir wissen, dass es Investitionen in die Radinfrastruktur braucht, nämlich im Volumen von 3 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030. (…)

Gleichzeitig möchte die Bundesregierung aber die Mittel für den Radverkehr einfrieren und nicht über das heutige Niveau anheben, dessen Notwendigkeit schon früher festgestellt wurde. Gleichzeitig soll aber in den Autobahn- und Schnellstraßenbau investiert werden, der ausschließlich monomodal funktioniert und dem Radverkehr in keinster Weise zugutekommt. (…)

Der zweite Punkt neben der Ertüchtigung unserer Straßen ist die Novellierung diverser Gesetze. Was bislang in der Klima- und Energiestrategie fehlt, ist die steuerliche Absetzbarkeit eines Fahrrades alle fünf Jahre im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung, damit die Zugänge zu Fahrrädern in Österreich verbessert werden. Was fehlt, ist die Verankerung des Radfahrens in der 4. Schulstufe. Die größte Novelle wäre ein Update der Straßenverkehrsordnung, die bis dato fahrradfeindliche Sondernachränge beinhaltet und selbständige Kindermobilität nicht ermöglicht.

Roland Romano (Radlobby Österreich)


Ich beschäftige mich schon seit etwa 30 Jahren mit den Themen Klimaschutz und Klimawandel und ich sehe zur Stunde sehr deutlich anhand von Fakten und Zahlen, weil ich auch für die Auszahlungen und Abwicklungen der Katastrophenentschädigungen verantwortlich bin, wie sich die klimabedingten Naturkatastrophen entwickelt haben. Es ist ein volkswirtschaftlicher Super-GAU, den wir derzeit erleben, und es ist keine Besserung in Sicht. Im Gegenteil, es entwickeln sich alle Projekte, die wir kennen und die wir eingefordert haben, leider ins Negative. Es geht um die Frage, ob wir unserer nächsten Generation eine sehr große Hypothek oder eben Zukunftschancen überlassen. (…)

Klimaschutzmaßnahmen brauchen Anreizsysteme, nämlich wirksame, aber auch einfache Anreizsysteme. Der beste Anreiz ist – das ist heute schon mehrmals gefallen – eine ökologische Steuerreform, die gut durchdacht, gut vorbereitet ist, die Absetzmöglichkeiten und Ausgleichsmaßnahmen im steuerlichen Sinne geben kann.

Landesrat Ök.-Rat Johann Seitinger (Kommission für Umweltförderung im Inland)


Wir werden jene Generation sein, die den Klimawandel mitverursacht hat, dies erkannt hat, aus Fehlern gelernt und rechtzeitig Maßnahmen für eine klimagerechte Gesellschaft eingeleitet hat, oder wir werden die Generation sein, die den Klimawandel unumkehrbar gemacht hat. Es geht um eine deutliche Reduktion der Treibhausgasemissionen. Wie kann dieses Ziel im Sektor Gebäude aussehen?

Stellen Sie sich vor, wir kommen nach Hause: es gibt frische Luft, angenehme Temperatur, die Sonne scheint, am Infodisplay lesen wir eine positive CO2-Tagesbilanz des Gebäudebetriebs, die Energiespeicher sind voll aufgeladen, es gibt genug Energie, um auch während der nächsten drei regnerischen Tage keine Energie nachkaufen zu müssen, der eingespeiste Energieüberschuss hat uns heute sogar einen kleinen Gewinn ermöglicht. Der Bäcker nebenan liefert fürs Wochenende nicht nur frisches Gebäck, sondern auch Abwärme zur Vorheizung des Warmwassers.

Die technischen Möglichkeiten sind gegeben, dahinter steckt ein ökologisch gut gedämmtes, energieflexibles Gebäude, ein Haus als Kraftwerk, versorgt mit 100 Prozent erneuerbarer Energie, ausgestattet mit smarter netz- und sektorgekoppelter, kommunizierender Gebäudetechnik, die für hohen Nutzerkomfort sorgt. (…) Eine monetäre Bewertung von Treibhausgasemissionen ist ein wichtiges Signal in die richtige Richtung. Die Aktion 100 000 Dächer, Photovoltaik und Kleinspeicher sollte es bitte alle zwei Jahre und nicht nur einmalig bis 2030 geben.

Dipl.-Ing. Wolfgang Stumpf (Department für Bauen und Umwelt, Donau-Universität Krems), Experte des FPÖ-Klubs


Wir nutzen die Gebäude und sehen sie nur als Energieverbraucher. Im Endeffekt sind die Gebäude der Zukunft die Energieversorger und vor allem auch die Energiespeicher.  Wir müssen die Flächen der Gebäude nutzen, die Dächer, die Fassaden noch vielmehr für die Nutzung von erneuerbaren Energiesystemen einsetzen, wir müssen die Gebäude selbst als Speicher nutzen. Die Gebäude haben eine unglaubliche Speichermasse, das ist etwas, was für uns einen Energiespeicher darstellt.

Die Technik dazu ist vorhanden, das ist nicht etwas, was wir neu erfinden müssen. Was uns fehlt sind die Geschäftsmodelle, dass wir als Gebäudenutzer – als Gebäudeeigentümer oder auch als Mieter – die Fassaden nutzen dürfen, genauso Strom und Wärme verkaufen dürfen. (…) Der Bund kann da aus unserer Sicht als einer der größten Eigentümer und Besitzer von Gebäuden wirklich als Vorreiter fungieren.

Zweiter Punkt: die Energieraumplanung, ein extrem wichtiger Ansatz. Man kann schon sehr viel allein in der Planung – in der städtebaulichen, in der Energieplanung, in der Regionalplanung – bewerkstelligen. Dabei geht es wieder um einen sehr integrativen Ansatz, bei dem Mobilität, Industrie, Gebäude im Verbund miteinander arbeiten und dadurch die Energieeffizienz in diesem Kontext erhöht werden kann.

Dr. Doris Österreicher, Institut für Raumplanung, Umweltplanung und Bodenordnung, Institut für Konstruktiven Ingenieurbau, Universität für Bodenkultur Wien, als Expertin des NEOS Klubs


Der Gebäudesektor ist für ein Drittel des Endenergieverbrauchs verantwortlich.  Daher muss die Devise lauten: Wenn schon sanieren, dann richtig! In Österreich gibt es bereits eine Vielzahl von Beispielen, bei denen 80 bis 95 Prozent Energieeinsparung erzielt worden sind, egal ob im Wohnbau, in betrieblichen oder in öffentlichen Gebäuden. Alle sind sozial verträglich und kostenoptimal umgesetzt worden. Das ist der beste verfügbare Standard, wie er zitiert wird. Halbherzig sanierte Gebäude verhindern hingegen die Erreichung der Klimaziele, da sie wirtschaftlich kein zweites Mal thermisch sanierbar sind. Wenn die verfügbaren Budgetmittel für die thermische Sanierung gezielt Anreize für diese Deep Renovation setzen, erreichen Sie mit dem gleichen Budget eine um 60 bis 80 Prozent höhere Energieeinsparung. So machen wir diese Gebäude zukunftsfit.

Die Neue Heimat Tirol zum Beispiel zeigt, dass bis 2030 bei sämtlichen 14 000 Bestandswohnungen keine fossilen Energien – damit meine ich auch Gasheizungen – mehr notwendig sein werden, es wird komplett ausgestiegen, verantwortlich gehandelt und die Gebäude über den Lebenszyklus bewirtschaftet.  Die EU-Gebäuderichtlinie gibt, wie schon erwähnt, europaweit das Nearly Zero Energy Building vor. In Österreich dürfen solche Fast-Nullenergie-Gebäude nach dem Nationalen Plan derzeit noch den achtfachen Heizwärmebedarf gegenüber Passivhäusern verbrauchen. Auch die Kosten sind kein Argument, 5 Euro Warmmiete für Passivhäuser sind Realität.

Gehen Sie mit allen öffentlichen Bauten mit gutem Beispiel voran! Passen Sie den Nationalen Plan an den Stand der Technik an! Lebenszyklische Werthaltung von Gebäuden sollte zur Selbstverständlichkeit werden. Setzen Sie in der Sanierung gezielt auf Deep Renovation! So schütteln wir die Abhängigkeit von fossiler Energie und den Importen ab und schaffen – noch dazu zum Nutzen der österreichischen Wirtschaft – im Gebäudesektor den Umstieg auf 100 Prozent erneuerbare Energie. Klimaschutz ist also im Gebäudesektor eine enorme Chance für unsere Bürger, für unsere Wirtschaft und auch für unsere Handelsbilanz.

Ing. Günter Lang, Passivhaus Austria, als Experte der Liste Pilz


Strom wird die Leitenergie der Zukunft sein, auf jeden Fall die nächsten Jahrzehnte, und die Wärmepumpe wird einen großen Teil unseres CO2-Problems lösen. Photovoltaik am Dach – das Kraftwerk, das heute schon einmal besprochen wurde –, die Wärmepumpe, die heizen und kühlen kann, ein intelligenter Speicher, und wir haben das Problem zumindest im Neubau gelöst: 63 Prozent der Ein- und Zweifamilienhäuser, die jetzt gebaut werden, sind mit Wärmepumpen ausgestattet.

Richard Freimüller (Verband Wärmepumpe Austria)


Unser Geschäft ist es, die Energiewende umzusetzen; ich möchte hier ein paar Erfahrungen, die wir bei diesem Geschäft gemacht haben, mit Ihnen teilen. Die erste Erfahrung ist: Die Energiewende findet nicht statt, wenn fossile Energieträger wenig kosten. Das heißt, die Situation der vergangene Jahre, in denen die Ölpreise stetig gesunken sind, hat auch bei uns zu massiven Umsatzeinbußen geführt. Wir brauchen in Ergänzung zur Energiestrategie eine ökologische Steuerreform. Da sehe ich mich, glaube ich, im Gleichklang mit den meisten anderen heutigen Referenten.

Zweiter Punkt: Wir sind es alle gewohnt und sehen es als Selbstverständlichkeit: Wenn wir ein Auto besitzen, müssen wir regelmäßig die Begutachtung für ein grünes Pickerl machen lassen. Wenn wir das nicht bekommen, dann können wir das Auto nicht betreiben. Heizungen verbrauchen in Österreich etwa gleich viel Energie wie Autos, es gibt für Heizungen aber keine vergleichbare verpflichtende regelmäßige Überprüfung.  (…) Die sogenannte wiederkehrende Überprüfung, die in den unterschiedlichen Bundesländern sehr unterschiedlich umgesetzt ist, sollte zu einer Energieoptimierung bestehender Heizsysteme ausgebaut werden. Auf diese Art und Weise könnte mit relativ geringem Mitteleinsatz sehr viel Energie gespart werden.

Dr. Christian Rakos (proPellets Austria)


Für erneuerbare Energien werden wir Flächen brauchen. Der Flächenbedarf für die Photovoltaik auf Gebäuden für den Umstieg auf 100 Prozent erneuerbare Energien sollte national ermittelt, auf das Bauland aufgeteilt und dann in die Bebauungspläne aufgenommen werden, damit wir als Planer wissen, was wir in Zukunft berücksichtigen müssen: (…) damit es eine sinnvolle und integrierte Gesamtstrategie werden kann und diese dann schlussendlich auch baukulturellen Vorstellungen genügt. Derzeit warten unsere Wohngebäude ja noch darauf, gemeinsam Strom produzieren und verwenden zu dürfen.

Ein zweites Thema für mich ist Folgendes: Niemand kommt mit dem Wunsch nach einem Einfamilienhaus auf die Welt. 80 Prozent der ÖsterreicherInnen werden dazu erzogen, auch weil sie zu wenig Alternativen kennenlernen. Dieser ökologisch und sozial mehrfach problematischen Wohnform müssen dringend echte alternative Modelle gegenübergestellt werden. Wir fordern daher einen Leuchtturm 11 (Anm: in der Klima- und Energiestrategie): 100 000 nachhaltige Wohnalternativen.

Gebäude verursachen Verkehr, er entsteht nicht von alleine. Die Reduktion von Emissionen im Bereich Mobilität ist daher ursächlich von Siedlungsformen und Nutzungsformen abhängig. Die Lebenszeit von Gebäuden und Siedlungsformen wird durch eine Sanierung auf weitere 50 Jahre Bestandsdauer prolongiert. Für alle Arten von Anreizen – ob in der Sanierung oder im Neubau von Gebäuden – muss es daher ein Standortkriterium geben, in dem die Mobilitätsqualität mit bewertet wird.

DI Arch. Ursula Schneider (Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen)


Ich bin doch tatsächlich das dritte Mal bei einer Nationalrats-Enquete zu den Themen Klimawandel, Klimaschutz, und die Zahl 23 dürfte dabei eine wesentliche Dimension einnehmen:

Am 23.5.2007 wurde ich zum Thema Klimawandel und Tourismus eingeladen. Ich kann Sie jetzt beruhigen: Damals war es tatsächlich so, dass das Gros der Anwesenden überhaupt bezweifelt hat, dass dieses Thema Klimawandel sozusagen stattfindet beziehungsweise hat es viele Gegenredner gegeben.

Am 23.6.2016 ist es mit dem Paris Agreement sozusagen plötzlich zu einer Schocktherapie für die, die gerne glauben, dass sich nichts ändert, weil sich nichts ändert, gekommen, da es diese Einigung gegeben hat. Ich glaube, dass sich Österreich damals auf den Weg gemacht hat. Damals waren die Statements vieler Anwesender – so manche von damals sehe ich auch heute hier – geprägt vom Zweifel, ob wir das alles machen können und ob wir das alles umsetzen können. Zweifel heißt auch: Das können wir uns nicht leisten. Dieser Zweifel war das Prägendste in der Erstvariante der Klimastrategie und in den Verhandlungen dazu. Da ist vor allem von der Sozialpartnerschaft aber auch von den Expertinnen und Experten mehr oder weniger These-Antithese-Gegenrede gemacht worden.

Ich freue mich sehr, heute hier zu sein und am 23.5.2018 sozusagen in den höheren Weihen zu diskutieren, nämlich dahin gehend, dass die Maßnahmen und die Konkretheit fehlt. Ich habe heute aber nicht gehört, der Klimawandel finde nicht statt, und ich habe auch von niemandem gehört, dass wir uns das alles nicht werden leisten können. Das ist ein großer Fortschritt. Gratulation an alle Anwesenden – egal welcher Richtung Sie entstammen und welche inhaltliche Teilmeinung Sie jetzt über das eine oder andere haben. (Beifall.)

Robert Lechner (Österreichisches Ökologie-Institut)


Link zum Protokoll der parlamentarischen Enquete vom 23.5.2018: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/III/III_00145/fname_695844.pdf